Ansprüche aus der Pflegeversicherung sind altersunabhängig und ergeben sich aus dem Sozialgesetzbuch XI. Voraussetzung ist die Pflegebedürftigkeit und ein Antrag bei der zuständigen Pflegekasse. Als pflegebedürftig gelten Menschen, die körperliche, psychische oder kognitive Beeinträchtigungen haben sowie gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht mehr selbstständig bewältigen oder kompensieren können und deshalb auf Hilfe anderer angewiesen sind.

Hinweis: Die Pflegebedürftigkeit wird also nicht nur daran gemessen, wie schwer jemand erkrankt oder behindert ist, sondern auch, wie stark der Mensch in seiner Selbstständigkeit eingeschränkt ist.

Pflegeversicherung – Medizinischer Dienst

Aus diesem Grund stehen auch bei der Überprüfung durch den Medizinischen Dienst der Pflegekasse (MD) folgenden Fragen im Mittelpunkt:

  • Welche Aktivitäten können noch selbstständig durchgeführt werden?
  • Wo braucht die zu pflegende Person bei den Aktivitäten Unterstützung durch Dritte?
  • Wie selbstständig ist die zu pflegende Person bei der Bewältigung ihres Alltags?

Um einen Pflegegrad zu beantragen, kommt der MDK in der Regel zu der pflegebedürftigen Person nach Hause. Im Gepäck bringt die oder der Gutachter einen sog. Fragekatalog mit. Dieser ist in sechs Bereichen aufgeteilt:

  1. Mobilität
  2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
  3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
  4. Selbstversorgung
  5. Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
  6. Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte.

Tipp: Auf diese Fragen kann man sich im Vorfeld schon gut vorbereiten. Zum Beispiel hier.

Medizinischer Dienst – Vorbereitung auf das Gespräch

Im Rahmen des Gesprächs, welches zwischen 60 und 90 Minuten andauern kann, wird festgehalten, ob in den o.g. sechs Bereichen Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit vorliegen und wie stark diese ausgeprägt sind. Außerdem wird darauf geachtet, dass diese Beeinträchtigungen auf Dauer bestehen. Das bedeutet: Voraussichtlich für mindestens sechs Monate.

Die Beeinträchtigungen werden in dem Fragekatalog festgehalten und nach einem Punkteschema im Abschluss durch den Medizinischen Dienst berechnet, der dann den Pflegegrad (1-5) ergibt. Je höher der Pflegegrad ausfällt, desto höher ist auch der Leistungsanspruch gegenüber der zuständigen Pflegekasse.

Tipp 1: Folgende Unterlagen sollten Sie sich im Vorfeld bereitlegen:

  • Aktuelle Arztberichte (Fachärzte, Hausarzt) sofern vorhanden
  • Neuere Krankenhaus, oder Rehaberichte
  • Schwerbehindertenausweis (sofern vorhanden)
  • Medikamentenplan (mit Einnahmehinweis)
  • Plan der benutzten Hilfsmittel, auch wenn nur zeitweise (Rollator, Rollstuhl, Hörgeräte, Brille, Bettvorlagen, Einstiegshilfen Badewanne usw.)
  • Pflegetagebuch (welches, Sie am besten 14 Tage vorher anlegen sollten)
  • Pflegedokumentation (sofern Sie bereits einen ambulanten Pflegedienst haben)
  • Eigene Notizen über ihren Verlauf der Erkrankung und deren Schwierigkeiten (in der Aufregung kann doch etwas vergessen werden)

Tipp 2: Sie dürfen bei dem Gespräch auch eine dritte Person als Unterstützung bitten dabei zu sein. Das können ein/e Angehörige, Freunde, Bekannte, Kinder usw. sein.

Die Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach SGB XI gibt es hier. Dort kann man sich nochmals über die Fragestellung informieren sowie die Richtlinien der Auswertung nachlesen.

Wie geht es weiter?

Nachdem das Gutachten beendet ist, kommt innerhalb von wenigen Wochen der Bescheid durch die Pflegekasse, der den Pflegegrad bestätigt, die Dauer des Pflegegrads und darüber Informationen enthält, welche Leistungen man nun bekommt. Gleichzeitig ist, sofern zuvor angegeben, die oder der pflegende Angehörige mit aufgeführt.

Der Pflegegrad ist ab dem Monat der Antragstellung gültig – auch rückwirkend, wenn die Begutachtung erst im Folgemonat stattfand. Ein möglicher entgeltlicher Leistungsanspruch (ab Pflegegrad 2) wird nachbezahlt.

Die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherungen können Sie im Beitrag „Leistungen der Pflegeversicherungen“ lesen.

Wir wünschen Ihnen bei der Beantragung eines Pflegegrades eine/n empathischen Mitarbeiterin oder Mitarbeiter des Medizinischen Dienst. Versuchen Sie die eigene Scham Ihrer Beeinträchtigungen zu überwinden – auch, wenn es nicht immer leicht ist.

Denken Sie daran, es geht um Hilfe für Sie und evtl. für Ihre Angehörigen. Die eigene Pflege ist oftmals teuer. Eine finanzielle Hilfe über die Pflegeversicherung, auch wenn sie oftmals nicht ausreichend ist, kann trotzdem eine Unterstützung sein.