Die fiktive Geschichte von Anna (48) und Finn (47) beim Bürgergeld (SGB II) kann natürlich auch auf die Sozialhilfe nach dem SGB XII angewandt werden. Die Liebe fällt bekanntlich überall hin. In diesem Fall leben Anna und Finn beide von der Grundsicherung nach dem SGB XII, da sie voll erwerbsgemindert sind und ihre geringe gesetzliche Erwerbsminderungsrente mit der Grundsicherung aufstocken. Den Begriff der Bedarfsgemeinschaft gibt es in der Sozialhilfe / Grundsicherung nicht. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal im Sozialgesetzbuch II (Bürgergeld / Hartz IV). Anna und Finn erkundigen sich und lernen vor Ort beim Grundsicherungsamt, dass sie eine sog. „Einsatzgemeinschaft“ bilden. Oh la la, denken sie sich. Was ist das nun wieder?

Die Antwort vor Ort lässt nicht lange auf sich warten und sie bekommen die Erklärung: In der Einsatzgemeinschaft sind die Personen verpflichtet ihr Vermögen und Einkommen für die Person einzusetzen, die Grundsicherung beantragt (§ 27 Abs. 2 Satz 1, § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB XII). Das ist das Vermögen und Einkommen beider Ehegatten oder Lebenspartner, sofern sie nicht getrennt leben (§ 27 Abs. 2 Satz 2 SGB XII). Leben minderjährige unverheiratete Kinder im selben Haushalt, wird ebenfalls das Einkommen und Vermögen der Eltern oder eines Elternteils berücksichtigt (§ 27 Abs. 2 Satz 3). Anna und Finn haben das verstanden. Sie müssen ihr Vermögen oder ihr Einkommen gegenseitig einsetzen, um sich gegenseitig zu unterstützen. Nun ja, denken sie sich: Hätten wir genug Rente und somit genug Einkommen, müssten wir keine ergänzende Grundsicherung beantragen. Hätten wir genug Vermögen, wären wir auch nicht hier. Diese Frage hat sich damit für sie erledigt. Einen sog. Vermögensschonbetrag von 10.000 Euro besitzen sie nämlich nicht (§ 90 Abs. 2 Satz 9 SGB XII).

Trotzdem bleibt eine Frage offen: Werden sie wie ein Ehepaar angesehen, wenn sie zusammenziehen? Bisher erhalten Anna und Finn jeweils 502 Euro als Sozialhilfe (Anlage zu § 28 SGB XII), um ihre monatlichen Lebenshaltungskosten zu bezahlen. Hinzu kommt ein Mietzuschlag für ihre jeweils bisherige Wohnung. Ihr Wunsch ist es jedoch zusammen eine Wohnung zu beziehen. Bei einem Zusammenzug bekommen Anna und Finn weniger Geld. Dann würden beide, sofern sie eine eheähnliche Gemeinschaft bilden (§ 20 SGB XII) jeweils 451 Euro plus die angemessene Miete für ihre Region erhalten. Das wäre jeweils 51 Euro an Lebenshaltungskosten pro Person weniger. Das SGB XII kennt keine „Vermutungsregelung“ wie das SGB II. Das bedeutet, das SGB XII vermutet nicht von vornherein wann von einem wechselseitigen „Füreinandereinstehen“ der Partner auszugehen ist. Anna und Finn müssen dieses klar in ihren Anträgen benennen. Wenn sie es nicht tun, sind Anna und Finn ggf. eine Wohngemeinschaft oder eine Haushaltsgemeinschaft. Um das Gegenteil zu beweisen, muss das Grundsicherungsamt das nachweisen. Anna und Finn sind nun etwas schlauer, auch wenn ihnen vor lauter §§ der Kopf raucht. Sie wissen nun, dass sie füreinander einstehen wollen und somit eine eheähnliche Gemeinschaft sind. Auch, wenn sie dadurch weniger Geld bekommen. Auf eine Überprüfung haben beide keine Lust.

*Fallbeispiele in unseren Artikeln sind rein fiktiv und dienen nur zum besseren Verständnis der Inhalte. Ähnlichkeiten mit realen Personen oder Behörden, sowie aktuellen Fällen sind rein zufällig.

 

 

 

 

 

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